Wir können alles – außer Hochdeutsch, oder: „s`isch alles gaaanz oifach“


Heute sollte ich die erste größere Landesgrenze überschreiten, nämlich die Grenze von Bayern nach Baden-Württemberg. Mit dem Auto hatte ich das schon öfter gemacht, zu Fuß noch nie! Und heute sollte ich sie kennen lernen, die raue Alb. Aber nun ganz von vorne.

Heute morgen überschritt ich die Landesgrenze nach Baden-Württemberg
Der Kraterrand westlich von Nördlingen

Hinter Nördlingen liegt noch ein Teil des Asteroidenkraters, es geht eben dahin, immer der B25 entlang, bis zu dem Ort mit dem schönen Namen Pflaumloch. Dann steigt der Kraterrand wieder an und es geht stets bergauf. In Bopfingen, ebenfalls einer alten Reichsstadt (mit dem schwarzen Adler im Wappen) bin ich schon auf über 480 m üNN, und es weht ein kräftiger, sehr kühler Wind, so dass ich zum ersten Mal seit meiner Abreise etwas Langärmliges überziehe. Dann geht es unter der Bahnlinie durch, den Steigweg hoch (der heißt nicht umsonst so!!) und ich finde mich nach etwa einer halben Stunde Aufstieg auf der stolzen Höhe von 620 m üNN. Hier sehe ich einen kleinen asphaltierten Flughafen auf der Kuppe der Alb, und vor mir starten ein Motorflugzeug und ein Motorsegler.

Zwei Flieger starten direkt vor mir in den Morgen…

Leider kann ich sie beim Start nicht fotografieren, denn sie starten nach Osten, genau ins Sonnenlicht. Zwischendurch habe ich einen Skilift gesehen, echt niedlich, auf etwa 560 m Höhe.

Da kann man sogar richtig Skifahren in der schwäbischen Alb

Mein Weg führt an den für diese Gegend typischen Wacholdersträuchern vorbei zu einer Einöde, dann ab in den Forst.

Wacholder ist die typische Indikationspflanze für Trockenrasen. Sie gehört zur Familie der Zypressengewächse, die Früchte reifen erst innerhalb von zwei Jahren heran

Der schön ausgebaute Weg bog in einen Wiesenweg ein, wo das Gras leidlich kurz gemäht war, ich genoss die Stille, nur der Wind kam mir ab und an kräftig ins Gehege. Kein Dorf, kein Haus, kein Zeichen von Zivilisation – und kein Netz!!! Das war natürlich der Super-GAU!! Allein auf der Alb, der Weg endete an einem Urwald, und ich hatte keine Ahnung, wohin. Dann setzten die Pfadfindergene ein: „Im Osten geht die Sonne auf, nach Süden wendet sie den Lauf….“. Ich musste nach Aalen, genau im Westen, also die Sonne im Rücken. Da sie zwischen 9 und 10 Uhr schon recht hoch stand, kam die zweite Regel zur Anwendung: In Mitteleuropa sind die Bäume prinzipiell an der Westseite bemoost, da es die Wetterseite ist. Das passte!! Und nun die dritte Regel: Immer schnurgerade gehen und nicht den bequemsten Weg, sonst läuft man im Kreis. Nach etwa 1,5 km Irrweg traf ich auf einen Waldweg, der ziemlich genau nach Westen führte, und kurz darauf hatte auch mein Handy wieder einen Empfang, so dass ich die Route neu justieren konnte. Jetzt prägte ich mir die nächsten Abzweigungen genau ein, um nicht noch einmal aufzulaufen. Hinzu kam ein böiger Wind, und die sprichwörtliche Rauheit der Alb bekam ich so zu spüren.

Viel Steine gab`s, und wenig Brot: Der Mais tut sich hart mit dem Klima der Alb

Tatsächlich ist die Vegetation hier noch nicht so weit wie bei uns. Der Mais ist brusthoch, und auch die Wintergerste ist noch nirgends gedroschen.

Auch die Wintergerste ist noch nicht gedroschen – dafür erzeugen 11 Windräder auf der Kuppe der Alb jede Menge Strom

Die durchschnittliche Höhe von 630 Metern heißt durchschnittlich etwa 1,5° C kühler als bei uns – das ist der Unterschied zwischen Regensburg und Freiburg! Auch der rote Fingerhut beginnt erst aufzublühen, und im Wald sah ich noch Blütenreste am Waldmeister.

Leider ist er giftig, der rote Fingerhut!! Sein wissenschaftlicher Name ist Digitalis lanata und enthält herzwirksame Glykoside

Nun ging es bergab, und schon von Weitem hörte ich sie rauschen – die A7 von Ulm nach Würzburg.

Die Unterführung unter der A7

In einer kleinen Hochebene lagen winzige Dörfer, und auf der anderen Seite ging es wieder bergauf. Viele Schmetterlinge turtelten in der Sonne um mich herum, und einige konnte ich auch wieder mit der Kamera einfangen.

Der Kaisermantel labt sich an einer Distel
Schön kontrastiert das kleine Wiesenvögelein zu dem satten Grün der Brombeeren
Der blauschwarze Eisvogel ist nicht soooo häufig….

Es ging immer noch bergauf, und mein Höhenmesser zeigt mir auf einer Kuppe die stolze Höhe von 710 m üNN an. Ich hatte seit Nördlingen etwa dreihundert Höhenmeter gewonnen.

Der Blick über Aalen und das Hinterland der Alb

Aber dann ging es auch schon wieder bergab, und zwischen den Bäumen durch konnte ich bereits die ersten Häuser von Aalen sehen, die sich in einen Talkessel schmiegten. Langsam trat ich aus dem Wald und hatte einen herrlichen Blick über Aalen und das Jura-Hinterland – echt beeindruckend!! Allerdings zog sich der Marsch bis ins Zentrum von Aalen noch hin, und ich meinte fast, es gäbe gar keine richtige Altstadt. Sehr viele Neubauten prägen das Bild, aber nach längerem Suchen entdeckte ich doch noch einige Kleinodien, die den Stadtkern von Aalen ausmachen.

Die Stadtpfarrkirche St. Nikolaus in Aalen
Der Marktbrunnen mit Rathaus
Schöne Fachwerkhäuser in der Altstadt…
… in einer Parallelstraße…
… und das städtische Sozialhaus…
… an dem noch die Insignien der freien Reichsstadt prangen

Übrigens: Mit Aalen verbindet uns Niederbayern auch der Limes. Der führt nämlich gegenüber von Eining (Kastell Abusina) über Aalen direkt an den Main. Daher besitzt Aalen auch ein Limesmuseum.

Der Limes geht von Aalen aus bis zum Main

Heute ist übrigens der Charly eingetroffen, der den Support über die nächste Woche fährt. Ich muss mich dann nicht mehr von Bahnhof zu Bahnhof vortasten, sondern kann querfeldein die kürzeste Streck nehmen.


Eine Antwort zu “Wir können alles – außer Hochdeutsch, oder: „s`isch alles gaaanz oifach“”

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.