Auf der Kreidestraße – la route de la craie!


Als ich gestern in Poivres ankam, wusste ich zwei Dinge nicht: Einmal, dass Poivres viel größer ist, als gedacht. Und zweitens, dass hier die Kreidestraße anfängt, die mich heute bis Herbisse begleiten sollte. Mir ist ja schon aufgefallen, dass die Felder sehr hell und die Wege fast weiß sind, und dass vor allem die Kirchen hier häufig aus diesem hellen Material bestehen.

Die ebenfalls aus Kalkstein errichtete Kirche von Soudé aus der Nähe im morgendlichen Sonnenschein
Das Objektiv meiner Handykamera passte genau zwischen zwei Maschen der Gittertüre, um einen Blick ins Innere zu erhaschen…

Und auf der Fahrt zu meinem Ausgangspunkt komme ich nochmal an Soudé vorbei, dessen Kirche von der N 4 aus so interessant ausgesehen hat. Heute fahre ich hin, um sie mir anzusehen. Leider ist die Kirche auch am Sonntag geschlossen. Was offen ist, ist ein Automat für frische Baguettes – das ist natürlich auch wichtig. Während ich durch das Gitter einen Blick ins Innere werfe, zieht sich ein Monsieur ein frisches Baguette und radelt davon, nicht ohne mir ein „Bonjour“ zuzurufen, das ich artig erwiedere.

Die Rue Basse in Poivres zieht sich ganz schön lange hin, und endlich bin ich auf der D 198, die mich 5 Kilometer weit bis nach Mailly le Camp bringt. Der Sonntagmorgen ist der beste Tag, um auf den Départementsstraßen zu gehen, weil die Franzosen lange schlafen, offenbar auch auf dem Land. Herrliche Ausblicke tun sich auf, der Horizont kaum zu erahnen.

Land satt – wo ist der Horizont??
… und natürlich wieder die Windräder. Hier weht aber auch wirklich fast immer Wind!

Das gleiche Bild wie gestern: Wassertürme, Windräder, riesige Felder. Vor der Kirche Saint Martin in Mailly le Camp finde ich eine Informationstafel, die mich über die Kreidestraße und die Kirche aufklärt, und dass ich mich weiter auf dem Jakobsweg befinde. 1999 hat wohl ein Unwetter den Turm der Kirche schwer beschädigt. Besichtigen könnte man die Kirche auch zwischen 09.00 Uhr und 12.00 Uhr, wenn man die angeschlagene Telefonnummer anruft. Nachdem ich aber gelesen habe, dass alle Originalfenster beim Bombardement 1944 zu Bruch gegangen sind, verzichte ich auf den Besuch.

Wo man hinkommt, Informationstafeln! Finde ich sehr gut!!!

Auf dem Weg nach Herbisse sehe ich eine sprudelnde Quelle aus dem Boden kommen, die aber von einer Art Hydrant stammt, und den die Bauern anzapfen, um ihre Felder zu bewässern. Obwohl ich hier viel Wasser sehe, sind die Felder trocken und müssen derzeit künstlich bewässert werden. Kurz vor Herbisse sehe ich eine riesige Wand aus Holzkisten. Mir erschließt sich nicht, wofür sie gedacht sind, aber ich habe unterwegs Kartoffelfelder gesehen, deren Früchte da offenbar transportiert werden.

Wie eine Wand stehen plötzlich diese Holzkisten vor mir! Was da wohl transportiert wird?

In Herbisse selber sehe ich eine Kirche mit auffälligem Seitenschiff, das teilweise bereits durch Holzbalken gestützt wird.

Die Kirche in Herbisse. Auffällig sind die drei Querschiffe an der Seite

Eine Informationstafel berichtet, dass hier Napoléon Bonaparte am 27. Februar 1814 (also kurz vor seiner Abdankung) im Haus des Pfarrers übernachtet hat.

Napoleon sucht beim Pfarrer Reichmann um ein Quartier nach

Dann geht es wieder weiter übers Land, ich sehe Windräder, und zum ersten Mal auch Luzernenfelder, die blühen und viele Bienen anlocken.

Ist das nicht herrlich!! Da geht einem am Sonntagvormittag schon das Herz auf!
Beim Naschen erwischt – la luzere nourrit les abeilles
Solche Farbspiele bekommt man nicht oft!

Zusammen mit Sonnenblumen ergeben sich herrliche Farbspiele, die leider auf dem Foto weniger imposant wirken. So geht es die D 98 nach Champfleury, wo ein schöner Dorfplatz zum Verweilen einlädt. Irgendwie sind die Dörfer hier alle ausgestorben, nur die Tauben gurren und die Hähne krähen – einfach himmlisch!!!

Eine alte Allee führt zum Forêt de la Perthe

Von Champfleury führt die Rue de Loisir zum Forêt de la Perthe, der eine Vogelbeobachtungsstation enthält und den Hinweis, dass niemand das Verhalten der Vögel beeinflussen darf. Na ja, kommt auch ein bisschen auf die Vögel an, aber hier gibt es auch kaum Wege, die man zum Spazierengehen benutzen kann.

So fällt der Weg langsam wieder bergab, und ich sehe schon das Ziel meiner heutigen Etappe, das Örtchen Courcemain. Ein unbedeutender Ort, aber er liegt exakt auf der Route Neufahrn – Broons. Das zeichnet ihn in gewisser Weise aus.

Courcemain – wieder eine Kirche! Aber man sieht durch die fehlende Verkleidung, dass der Turm nur aus Holzbalken besteht

Und morgen kommt mein Sohn Daniel, um den Support zu übernehmen, da freu` ich mich schon! Also keine Taxi-Abenteuer mehr. Aber es ist ja alles glimpflich abgegangen. Wenn ich morgen mein Tagesziel La-Villeneuve-au-Châtelot erreicht haben werde, habe ich sowohl die Aube als auch die Seine überschritten. Und Neufahrn wird über 800 Kilometer weit weg sein, und Broons nur noch 473 km – Wahnsinn!!


2 Antworten zu “Auf der Kreidestraße – la route de la craie!”

  1. Lieber Hans,
    Heute möchte ich mal danke sagen,
    Danke im Namen aller neufahrner*innen
    (Ich hoffe korrekt so)
    Also danke für die super Berichte deiner Reise.
    So viele neue Informationen über ein wunderschönes Land danke für die vielen schönen Eindrücke.
    Ich wünsche dir viel Spaß in den nächsten Tagen mit deinen Sohn und bleibt beide gesund bis bald in Broons.

    • Lieber Peter,

      ganz herzlichen Dank für Deine netten und aufmunternden Zeilen!! Es ist wahrlich ein schönes Land, mit vielen netten und hilfsbereiten Menschen. So etwas erlebt man wirklich nur zu Fuß, wie mir meine Wanderung nach Rom bereits gezeigt hat. Du lernst ein Land kennen auf Schritt und Tritt, und alles prägt sich sehr tief ein! Ich wünschte jedem so eine Wanderung, weg von zu Hause und allein mit sich, da wirst Du für viele Dinge wesentlich sensibler, und Du begreifst, dass wir alle zusammen nur diese Schöpfung bewahren können!
      Herzliche Grüße aus Romilly-sur-Seine
      Hans

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