Von Chalo-Saint-Mars in die Beauce


Sonntag ist immer ein guter Tag zum Wandern! Die Straßen sind ruhig, die Natur noch im Halbschlaf. Das herrliche Sommerwetter hält an, es ist unglaublich: Ich hatte noch keinen einzigen Tag mit Regen – nach Rom waren es drei!! Und auch die Temperaturen sind im Schnitt höher, weil die Höhenlage der Alpen und des Apennin die Hitze milderten.

Chalo-Saint-Mars war noch im Schlaf, als ich meine Tour dort begann. Ich habe übrigens ein umwerfendes Quartier gefunden, nordwestlich von Étampes, in Richarville. Ein alter Bauernhof, der zu einem Schloss gehörte, und nun teilweise einer Künstlerin namens Cathérine gehört. Naturstein natürlich, und ich habe neben einem Kühlschrank auch noch eine Waschmaschine, die gerade läuft.

Das ist die Einfahrt zu meinem Domizil Cosy Home à la Campagne – ein Schattenparkplatz inklusive…
… und das ist die Gastgeberin Cathérine – eine tolle Gastgeberin!

Besser als im Hotel, deshalb liebe ich die Chambres d`hôte! Und Cathérine wird mich an meinem heutigen Etappenziel in Béville-le-Compte abholen – noch ein dicker Pluspunkt (das Taxi gestern hat 60 Euro gekostet!!!).

Kurz vor Mérobert sehe ich einen Steintrulli, dessen Funktion mir nicht ganz klar ist: Ein Erwachsener kommt nur kriechend rein, und für einen Stall ist es zu klein.

Sieht aus wie ein Backofen – aber auf freiem Feld???
Hier hat die Kartoffelernte bereits begonnen – die ganze Familie ist auch am Sonntag im Einsatz

Dann mache ich einen kapitalen Fehler – ich lese den Routenvorschlag nicht richtig! Irgendwann schaue ich auf die Entfernung, und aus 20 km sind 22 km geworden. Meine Güte, ich hätte in Oysonville anders abbiegen müssen!

Die friedliche “Skyline” von Oysonville – hier bin ich falsch abgebogen (:-((

Dann versuche ich mit kleinen Feldwegen den Fehler auszumerzen, aber es wird nur noch schlimmer! Zumindest hätte ich diese tolle Strohwand nicht gesehen, wenn ich diesen Umweg nicht gemacht hätte (:-))).

Wer braucht Stroh?? Abzuholen bei … in Vierville

Von Ferne sehe ich regen Verkehr, aber ich kenne keine Route Nationale, die ein solches Verkehrsaufkommen hat. Ich komme näher und sehe: Es ist die A 10 von Paris nach Bordeaux. Der Lärm am Sonntagmorgen tut richtig weh!!

Die A 10 von Paris nach Bordeaux am Sonntagvormittag

Und weh tut auch die Sonne heute, weil ich ohne jeglichen Schatten bin (das erinnert mich an die Pòebene). Ich gehe über blankes Feld, es ist die Beauce, die Kornkammer Frankreichs. Wälder gibt es hier keine, und Büsche lassen sich auch leicht abzählen.

Über Vierville gelange ich so nach Sainville, meinem heutigen Zwischenziel (hier wird immer kurz Rast gemacht, und es gibt eine Nektarine und eine Banane). Schweres Essen bringt Dich nicht weiter, nur Wasser muss immer “am Mann“ sein. Das weiß ich auch seit Rom.

Das äußerts bescheidene Postgebäude von Sainville…
… und gleich daneben das Musée Farcot – auch bescheiden!!

Dieses Sainville ist schön herausgeputzt, gleich am Ortsende rollt eine schwarze Limousine aus einem nicht unbedingt erbärmlich aussehenden Anwesen, und die Buchstaben „CC“ für Corps Consulaire verraten mir, wer hier zu Hause ist. Überhaupt wartet dieses Städtchen mit einigen Überraschungen auf: Das Postgebäude ist eine Villa (der Fisch Beda bzw. die Evi hätten auch gerne so eine Filiale (:-))), und fast gleich nebendran noch das Museum Farcot. Dieses enthält ein Kabinett aus Kuriositäten, über Uhren und ägyptische Kunst bis hin zur Flugnavigierung. Leider war am Sonntag geschlossen. Und noch etwas fällt auf: Die Autos parken ganz am Haus, nicht an der Straße. Der Fußgänger muss also straßenseitig vorbeigehen, was oft nur durch Straßenbenutzung möglich ist.

Wenns eng wird, gehts auch so…. (:-)))

Dann geht es in der Mittagshitze über die neu geteerte (und damit besonders schwarze und heisse!) Straße D 24 nach La Chapelle d`Aunainville, alles ohne Schatten.

Voilà!!!

Beim Weitergehen höre ich immer lauter werdende Geräusche – die rühren von der TGV-Linie Paris-Lyon oder Paris-Bordeaux. Für beide Städte könnte ich mich erwärmen.

Sagenhaft, diese TGVs….

Jetzt wird es langsam mühsam, nur der Wind und das kühle Wasser der in Zeitungspapier eingewickelten Flaschen halten meinen Geist wach. Papier ist ideal als Dämmmaterial. Deshalb decken sich die Penner im Winter immer mit Zeitungen zu. Die Wasserflaschen sind selbst nach 5 Stunden noch kühl. Es geht auf 16 Uhr zu, als ich endlich in Béville-le-Compte eintreffe.

Das ist sie, die Weizenstraße…

Ich bin in der Beauce angekommen, in der Kornkammer Frankreichs, an der Route du Blé! Und just als ich Cathérine schreiben will, fährt sie im Auto auf den Kirchplatz – welches Timing!!!


3 Antworten zu “Von Chalo-Saint-Mars in die Beauce”

  1. Lieber Hans,
    Danke für die fantastischen Bilder und die vielen spannenden Informationen ! Chapeau, dass du auf deinem Fussmarsch noch all diese interessanten Details erläufst – oder liegt das alles tatsächlich direkt auf dem Weg ? Ich begleite dich jedenfalls gerne und wünsche dir weiterhin gute Gesundheit und eine zielsichere Spürnase.
    Gruß
    Hildegard

  2. Lieber Hans,
    seit fast 5 Wochen bist du nun beinahe ohne Pause unterwegs und wir freuen uns, wenn wir deine interessanten, kurzweiligen und sehr informativen Berichte mit den schönen Fotos genießen können. Wir bewundern deine Ausdauer und danken dir, dass wir immer so tagesaktuell an deiner Reise teilnehmen dürfen.
    Alles Gute weiterhin!
    Evi und Helmut

  3. Hallo Hans,
    ich lese mit Begeisterung jeden Tag, seit dem du unterwegs bist, die detaillierten Aufführung deiner “Wanderung”. Beeindruckend die Beschreibungen und die dazugehörigen Bilder.
    Hiermit das größte Lob, dass du von mir erhalten kannst. Komm gesund zurück zum Stammtisch.

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