La Forêt de Fontainebleau oder das Panorama der Düfte


Der Wald von Fontainebleau ist mit 25.000 Quadratkilometern eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Westeuropas. Es ist eine grüne Lunge mit Eichen, Buchen und Kiefern, und mein Weg führte mich heute schnurstracks hindurch, 10 Kilometer oder zwei Stunden lang. Aber es ist nicht langweilig, weil die Formationen ständig wechseln. Es geht eben hinein, dann steigen die Wege leicht an, und so bewegt man sich zwischen 45 und 145 Metern Meereshöhe. Die Wege sind reiner Schwemmlandboden, also Sand, was das Gehen schwierig macht: Ein Schritt vorwärts, ein halber zurück. Man geht wie am Strand!

So schön beschildert sind die Waldwege…
… und so sehen sie dann aus!
Wenn nur dieser Sand nicht wäre…
Die Route du Cèdre endet an dieser alten Zeder, die vielleicht Napoleon schon gesehen hat

Schön ist, dass die Wege so schön beschildert sind, wie Straßen. Und sie sind auch gut ausgebaut, so dass sich auch manche Montainbiker dort finden (aber auch sie lieben den Sand nicht). So bleibe ich zwei Stunden mit mir und der Natur allein, die Laubwälder wechseln mit alten Kiefernbeständen, und plötzlich tauchen auch Steinformationen auf, als hätte sie jemand hingewürfelt. Google Maps ist hier unerlässlich bei der Vielzahl von Wegen!

Wo kommen diese Felsbrocken plötzlich her???
Einer davon hat sogar ein Loch
Und Heidekraut gibt es hier in Hülle und Fülle..

So komme ich nach zwei Stunden wieder mit einer menschlichen Siedlung in Berührung, Arbonne-la-Forêt. Das scheint mir aber eher ein Urlaubsdorf der reichen Pariser zu sein, um der Hitze des Sommers in diesem kühlen Wald zu entgehen. Schicke Wochenendhäuser reihen sich hier aneinander, und da der Postbote die Briefe verteilt, scheinen die Hauptstädter ebenfalls da zu sein. Auch einen größeren Campingplatz gibt es dort, aber das ist wohl eher was für Niederländer und Engländer, wie die Autokennzeichen verraten. (:-))

Na ja, für`s Wochenende taugt das schon… (:-))

Jetzt nimmt der Lärm wieder deutlich zu, den ich nach zwei Stunden Ruhe im Wald als sehr unangenehm empfinde. Kein Wunder, ich muss auf dem Weg nach Westen die A 6 nach Paris überqueren, und da rauschen sie nur so dahin, obwohl in Frankreich Tempo 130 gilt. Bei genauem Hinsehen rast auch niemand auf der linken Spur, alle halten etwa das gleiche Tempo. Ein Modell für Deutschland? Ich glaube, man kommt ernsthaft daran auch nicht vorbei, aber noch haben die Lobbyisten das Sagen, bis der Geldbeutel die Vernunft walten lässt. Über Geld kann man in Deutschland alles regeln!

Auf diesem Weg kamen wohl 1944 die Alliierten, um Frankreich zu befreien

Während ich weiter so dahingehe, berühre ich bereits die Grenze zum Département Essonne, und endlich wieder aus dem Wald heraus, trifft meine Nase ein sehr intensiver Geruch: Seife, scharf, typisch – das kenne ich! Das muss Koriander sein – aber mitten in Frankreich?

Das hätte ich nie vermutet: Ein Korianderfeld mitten in Frankreich!

Eine Geruchs- und organoleptische Prüfung sichert die Diagnose: Koriander!! Mitten in Frankreich!!

Dann treffe ich auf ein Städtchen, das mir in Erinnerung bleiben wird: Milly-la Forêt! Dieses Städtchen mit fast 5.000 Einwohnern liegt am Flüsschen École in der alten Kulturlandschaft Gâtinais in der Île de France. Gleich zu Beginn sehe ich die Kapelle Saint-Blaise aus dem 12. Jahrhundert – leider geschlossen.

Die Kapelle des heiligen Blasius – darin liegt Jean Cocteau begraben

Der Schriftsteller Jean Cocteau hatte hier seinen letzten Wohnort, hat die Kapelle ausgemalt und wurde hier nach seinem Tod auch beigesetzt. Deshalb auch die Rue Jean Cocteau!! Dann erfahre ich, dass es dort auch einen botanischen Garten gibt. Madame ruft mir zu, ob ich noch rein will, weil sie ansonsten abschließt, es ist Mittag. Aber botanische Gärten brauchen mehr Zeit als 5 Minuten, also lehne ich dankend ab.

Wie ein Fingerzeig in den Himmel – die Kirche von Milly-la-Forêt

Ich schlendere durch dieses Städtchen mit Kopfsteinpflaster, alten, sehr gut restaurierten Häusern, und gelange so zur Kirche und zum Schloss, das wohl immer schon ein Wasserschloß war. Die Kirche ist das Gegenteil von einer Wehrkirche: Geradlinig und spitz strebt der Glockenturm in den Himmel:  Romantisch, dieses Milly-la-Forêt!

Ein ehemaliger Waschplatz in Milly-la-Forêt
…und ein Schloss haben sie auch, ein Wasserschloss…
… und eine wunderschöne Lindenallee, mitten in der Stadt

An der D 837 entlang gelange ich über weniger romantisches Terrain, nehme dann aber wieder einen Weg durch den Wald, der auf einem Damm verläuft. Als der Wald endet – wieder ein sehr bekannter Geruch: Es riecht nach Speickseife – und hier eröffnet sich die Ursache des Geruchs: Lavendel!!

Lavendel, so weit das Auge reicht! Leider sind die Blüten bereits abgeerntet

Hier sind Lavendelfelder, nicht im Midi, sondern in der Île de France. Da stellt sich für mich als biologisch und metereologisch interessierten Menschen die Frage: Wie lange haben wir den Klimawandel nicht gemerkt, obwohl die Flora längst darauf reagiert hat? Palmen, Bananen, Feigen, Lorbeer, Lavendel, Koriander – und gestern auch zwei kleine Olivenbäume im Freien! Die mediterrane Flora ist mitten in Frankreich angekommen!

Ein bisschen Romantik hat Maisse auch: Ein alter Wasserturm am Altwasser der Essonne

So komme ich schließlich nach Maisse, dem Endpunkt meiner heutigen Tour – nur 27 km.

Und zwischendurch gibts immer wieder leckere Brombeeren – la mûre est mûre!!

Aber ich bin eh zu schnell! Daniel holt mich zum letzten Mal ab, bevor er die Heimreise antritt. Danke, Daniel!

Und die Bilanz: 375 km nach Broons, 801 km nach Neufahrn i.NB!! Und am Montag werde ich in Chârtres sein – unglaublich!!!


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